Galerie.Z
   

Bianca Lugmayr - textures

Ausstellungseröffnung               Do 12. Okt. 2023 | 19:30 Uhr

Es spricht                                    Sarah Kirsch

Ausstellungsdauer                      12|10|2023 - 11|11|2023




Gedanken - verwebt zu textilen Unikaten

Mit Bianca Lugmayr setzt die Galerie.Z den Ausstellungskanon mit Künstlerinnen fort. Diese Ausrichtung ist aber keineswegs der durchaus berechtigten öffentlichen Dringlichkeit, Frauen vermehrt in den Focus der Aufmerksamkeit zu rücken, geschuldet. Vielmehr ist es die erfreuliche Dichte an Künstlerinnen, die sich durch die hohe Qualität ihrer Arbeit beweisen und damit breitere Präsenz erlangen.

Textures
Bildeten in der vorangegangenen Schau von Franziska Stiegholzer alltägliche
Gebrauchsmaterialien die Basis ihrer Exponate, sind es bei Bianca Lugmayr edle Stoffe. Regelmäßig handelt es sich dabei um exquisite Gewebe aus einer Manufaktur in Oberösterreich, von wo die Künstlerin ursprünglich selbst stammt. Leinen in unterschiedlichen Stärken und Größen bewahrt sie in ihrem Atelier in Feldkirch auf, bis sie in mehreren aufwendigen Schritten zu einzigartigen Werken umgestaltet werden. So werden die Textilien zu kunstvollen „Textures“, wie
auch der Titel der Ausstellung lautet.

Zu Beginn ihrer künstlerischen Laufbahn, die sie über den Umweg eines Pharmaziestudiums in Innsbruck einschlug, beschäftigte sich Bianca Lugmayr mit den typischen Falten einer Bregenzerwälder Juppe. Selbstredend verfolgte sie dabei nicht die Absicht, in der traditionellen Abbildung verhaftet zu bleiben. Ganz im Gegenteil war ihr Anliegen, genau diese Strenge aufzubrechen und der freien „Ent-Faltung“ mehr Raum zu geben.

Prozessuale Arbeitsmethode
In der spontanen und intuitiven Herangehensweise fand die Absolventin der Kunstuniversität Linz in Textilkunst und Design bei Marga Persson ihre bevorzugte Arbeitsmethode. Fasziniert von den Möglichkeiten, die sich durch das Einbeziehen von Zufällen ergeben, erweiterte sie ihr künstlerisches Spektrum mit Sprache. Auf mit Pflanzenfarbe gefärbte Stoffe hämmert sie mit einer Nähmaschine eindringliche Appelle, Wörter, Sätze, Textfragmente wie „Einsamkeit akzeptieren“, Selbstermächtigung“, „what´s next in your life“ oder „Liebe die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen“. Die Fäden überziehen dabei die zarten Gewebe in krakeliger, ungelenker Anmutung, der Rhythmus der Buchstaben ordnet sich den zufällig sich ergebenden Strukturen der ausgefransten Leinenbahnen unter.

Genähte Lebenslinien
Genauso unvorhersehbar, unberechenbar und unplanbar ein Leben eben verläuft, winden und schlängeln sich die Fäden auf den fragilen, hauchdünnen Stoffen. Konsequenterweise sind die Linien unterbrochen, Lücken und Leerstellen resultieren daraus, die Enden baumeln ganz selbstverständlich an der Vorderseite, hängen an der Unterseite herunter oder ragen über die ausgefransten Ränder hinaus. Bianca Lugmayrs Desinteresse an Perfektion, die sie als öde und zuweilen heuchlerisch empfindet, transportiert sie mit diesen „Text-ures“ sowohl inhaltlich als auch ästhetisch äußerst überzeugend.

Radikale Reduktion
Wenn man ihre künstlerische Laufbahn verfolgt, zeichnet sich eine klare Entwicklung ab. Arbeitete sie zu Beginn mehrheitlich figurativ, wendet sie sich allmählich der Abstraktion zu, die folglich in eine starke Reduktion mündet. So entledigt sie ihre aktuellsten Exponate der sprachlichen Ebene und rückt die Materialität und den Gestaltungsprozess in den Vordergrund. Radikal verabschiedet sie sich von Instrumenten wie der Sprache, um Inhalt zu transportieren. Der Grundstoff an sich und der Akt des Entstehens genügen der Künstlerin, um den Textures eine kraftvolle Wirkung zu verleihen.

Anstelle von Buchstabenlinien tauchen nun eingebrannte Löcher auf den teils zerknitterten, vergilbten und abgenutzt wirkenden Leinwänden auf. Abwechselnd regelmäßig und unregelmäßig verteilen sie sich darauf, gruppieren sich anscheinend willkürlich, dünnen aus, bis sie an den franseligen Kanten abstürzen. Noch weiter geht Bianca Lugmayr, indem sie die mit Pflanzenfarbe behandelten Textilien - neuerdings experimentiert sie auch mit Lehm - gänzlich den strukturbedingten Unregelmäßigkeiten und ihren von Spontaneität und dezent gesteuerten Zufälligkeiten kreativen Interventionen überlässt. Darin sieht sie selbst eine hohe sinnliche Komponente, die als ebenso spannend wie erfüllend erachtet. Frei schwebend im Raum, vermitteln die Werke trotz Zartheit und Luftigkeit eine beeindruckende Kraft. Das Publikum erwartet jedenfalls eine facettenreiche Schau, die den Werdegang der Künstlerin bestens abbildet.
(Margot Prax)


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